no 7 27. Maerz 1834

Little Red River 27. März 1834 eingegangen den 18. Juny

Seit 3 Monaten seid Ihr meine Lieben Eltern, ohne Nachrichten von mir, u. ebenso lange habe ich keinen Brief v. Euch erhalten. Jede Woche erwartete ich mit immer grösserer Zuversicht, Eure Antwort auf meinen ersten Bericht über dieses Land, der spätestens Ende Oktober od. Anfangs Nov. nach Europa hätte gelangen sollen, also früh genug dass die Antwort schon vor 2 Monaten hätte hier eintreffen können. Ich bin sehr beunruhigt, denn wennich auch Euch dieses Frühjahr hier nicht erwarte, so könntet Ihr möglicher Weise jetzt doch schon auf der Reise sein u. am Ende gar in N.Orl. od. anderswo landen ohne dass ich Eure Abreise erfahren. Warum ich Euch nicht erwarte werdet Ihr v. Franz erfahren haben dem ich vor einigen Wochen geschrieben, ihm mein Wohlsein u. meine jetzige Beschäftigung meldend; es war die Beantwortung eines Briefes v. seinem Vater, der mir meldet, dass Ihr durch die verzögerte Ankunft meinesr Berichte in Eurem früheren Entschluss wankend geworden seid, das Zögern habe ich bereits wiederholt entschuldigt, was wird aber das Resultat Eurer Berathung sein nachdem Ihr meine Berichte empfangen? Ich habe in denselben keine Meinung über einen zu fassenden Entschluss geäussert, denn nach meinem Glauben war das Ob eine längst abgethane Sache, nur das wie, wo u. wann sollte noch zur Sprache kommen. Auch gut so – Ihr habt nur eine genauere Kenntniss alles Dessen, was Euch hier erwartet, denn vorher, u. Euer endlicher Entschluss, welcher er auch sein mag, kann nur um so reifer sein. Ich will inzwischen sehen, was ich hier auszurichten vermag; ich säe u. pflanze so viel die Witterung u. meine Kräfte erlauben, u. hoffe, ja bin überzeugt, dass mit beharrlichem Willen ich das erreichen kann, was ich mir vorgesetzt habe. Mühseliger ist es zwar sich mit den Ackergerätschaften sein Brod zu verdienen, als mit der Feder, aber die Arbeit ist doch erfreulicher, denn man sieht die Früchte wachsen u. reifen. Schon habe ich Tabak gesäet der zu keimen anfängt. Kartoffeln, verschiedene Gartensämereien habe ich im Boden auch etwas Baumwolle, u. nächste Woche wird mit dem Kornpflanzen angefangen. Es geht mir freilich Alles langsam, nicht allein weil mir die Beschäftigung ungewohnt, sondern auch weil ich aus Versehen des H. Zschifeli meinen Pflug nicht habe u. deswegen den Boden mir Hacke u. Shaufel bearbeiten muss, was mit dem Pflug in viel kürzerer Zeit geschehen könnte. Vieh habe ich noch keines gekauft, denn da meine Entschlüsse durch die Eurigen bedingt sind, so will ich mein Geld so viel möglich zusammenhalten, um nachher desto freier handeln zu können. Vielleicht jedoch schaffe ich nächstens eine Kuh herbei um dank Milch eine Abwechslung u der Gesundheit zuträgliche Verbesserung in unsere einfachen Mahlzeiten zu bringen.

Im ganzen genommen gefällt mir das hiesige Leben recht gut, wenn ich es auch , so wie wir es jetzt betreiben, etwas wild nennen könne, so lebt man doch frei – frei im höchsten Sinn des Worts, denn keine Mode u Convenienz beschränkt meine Handlungen, ich kann thun gerade was mir wohlgefällt, u. kein Mensch nimmt Aergerniss daran, meine Beschäftigungen sind abwechselnd u. eben darum anziehend, u. Alles was gelingt macht Vergnügen, u. missglückt etwas, so denke ich, es werde das nächste ma besser gehen. Mit Wasch ul Kleidern allein bin ich bös bestellt, u. das ist leider ein Uebel dem nicht sobald abgeholfen werden kann. Es würde mir jetzt sehr schwer fallen nach Europa zurückzukehren, wenn Ihr Eure Pläne aufgeben solltet u. darum könnet Ihr denken mit recht sehnlichem Verlangen ich Eure Berichte erwarte.

Durch einen Brief v. H Hürner haben wir die politischen Neuigkeiten aus d. Schweiz bis Sept 1833 erfahren, es sieht schlimm, sehr schlimm aus, u. die Aussichten auf Ruhe u. Frieden gering – denn die Elemente welche jetzt vorherrschen, werder der Ruhe stets feind sein, weil dies ihr Grab ist.

Wenn meine Reise hieher keine weiteren Folgen für die Zukunft haben sollte, so hat sie mich wenigstens auf eine geraume Zeit eeiner traurigen Gegenwart entrückt. Ueber das hiesige Land weiss ich Euch diess mal nichts zu schreiben, denn was ich wusste habe ich Euch in meinen früheren Briefen wiederholt gemeldet u. mein Aufenthalt in dieser Gegend hat mich nur so viel gelehrt, dass Alles was ich von den Beschwerden einer Ansiedlung in den Vorwädern gesagt, im vollsten Masse wahr ist. Kaum dass wir in der hiesigen Gegend so viel Korn auftreiben konnten, als wir zur Fütterung der Pferde in der Arbeitszeit brauchen werden, u. selbst davon mussten wir einen Theil etwa 60 Meilen weit den Fluss hinauf tranportieren lassen. Am White River hätten wir zwar korn genug kaufen können, allein es war nicht möglich einen Wagen zu finden, um es hieher zu schaffen. Spatkartoffeln, Baumwolle, u. Tabaksameen, mussten wir ebenfalls am weissen Fluss holen, dorthin fahren wir zur Kühle, u. zwar mit Packpferden, denn nach allen unsern Ueberschlägen ist diess noch das leichteste Transportmittel. Frühkartoffeln hatte uns ein Mann versprochen, der etwa 10 Meilen v. hier wohnt, als wir aber hinkamen, waren alle weg u. nur durch Zufall konnte er noch einen Buschel entübrigen der bereits ausgepflanzt, u. jedenfalls so viel als Samen behalten will dass für Zukunft das herbeischleppen aus fernern Distrikten ein Ende hat. Diese Frühkartoffel ist übrgens etwas sehr angenhmes, da sie schon im Juni reif wird. Süsse Kartoffeln habe ich auch irgendwo aufgechnappt, obschon er Samen diess Jahr selten ist, denn da dieser Winter ausserordentlich streng war, so sind sie den meisten Leuten erfroren, weil man sie bei gewöhnlichen Wintern des faulens wegen nicht tief in die Erde legen soll. Grollmann hat auch Hafer, Weizen u. Roggen, u. so hatten wir nun beinahe Alles was hier zu Lande gewöhnlich gepflanzt wird – Es ist freilich v. dort wenig, denn die Bewohner der Urwälder sind im Durchschnitt träge arbeitsscheue Leute, die ihre wenigen Bedürfnisse (mit Hirschfohlen)erkaufen u. daneben nur so viel Land bebauen um sich das Allernothwendigste zu verschaffen. Sie sind dabei zufrieden u. haben nicht einmal das Verlangen ein besseres Dasein zu erringen. Wir haben mit diesen Leuten nur sehr geringen Verkehr, denn sie sind sehr unzuverlässig, u. alle ihre schönen Redensarten u. Versprechugen mit denen sie uns belangen, zielen nur darauf uns das Geld aus dem Beutel zu locken, was ihnen aber nicht stark gelingen soll, denn ich habe mir die höchst Sparsamkeit zur Pflicht gemacht, weil ich täglich mehr einsehe wie nothwendig ein kl Fond zu einem guten Fortkommen in dieser Gegend ist, u. das Schiksal mehrerer Deutscher in Little Rock erinnert mich lebhaft daran, dass es zu spät wird sein Geld zusammen zuhalten wenn bald Alles fort ist. Auch weiss ich nicht wie lange ich hier noch allein zu hausen habe, bis Ihr anlangt od. ich wieder heimkehre. In meinem letzten Briefe habe ich gesagt, wie viel Umtriebe mir der Bezug der accreditierten 300 frs gemacht, u. H. Baumgartner, der mir das Geld vorschoss, erzählte mir, dass ich beinahe darum gekommen , denn H. Nicolet, in dessen Händen mein Geld lag, sei wahrscheinlich gebrochen, wenigstens habe man ihn gemahnt seinen Bezug schleunigst zu betreiben, u. er habe mehrmals hingehen müssen, bevor die Zahlung erfolgte. Es thäte mir sehr leid für H. Nicolet, wenn sich dies bestätigte, allein es diene Euch … zur Warnung, ja vorsichtig zu Werke zu gehen. Ich schliesse jetzt diesen Brief, der zwar von unbedeutendem Inhalt ist, aber Euch doch als Lebenszeichen von mir willkommen sein mag. Herzliche Grüsse an Euch Alle, meine th. Eltern u. Geschwisster u. ebenso meine Freunde u. Bekannten in Aarau u. Brugg –

Euer Gottlieb Jäger   ….

You might be interested in …

no 5 3. Dez 1833

Gottlieb Jaeger

no 1 Hormung 1833